Reisen zu den Tieren der Kraft
Reise 1 zum Krafttier im 3. Chakra (Solarplexus):
Nach der geführten Entspannung sehe ich den kleinen Schimpansen, der in meinem Solarplexus wohnt. Ich habe ihn in einer früheren Reise kennen gelernt. Damals lebte er in einem Käfig hinter Stangen, die soweit auseinander standen, dass er zwischen ihnen hindurch schlüpfen konnte. Trotzdem verliehen sie ihm ein Gefühl der Sicherheit.
Nun sind die Stangen vor dem Käfig weg, es gibt nur noch ein Loch und offensichtlich fühlt er sich gar nicht mehr sicher. Ich frage ihn, ob ich etwas für ihn tun kann. Er zieht mich an der Hand von dort weg und führt mich an den Rand des Urwalds, in dem er zu Hause ist. Hier fühle nun ich mich nicht sicher: mir ist alles zu laut und zu unheimlich. Ich spüre überall die Anwesenheit von Lebewesen und kann doch keine sehen. Jetzt fragt er mich, was ich brauche, um mich sicher zu fühlen und ich antworte, dass ich gerne die Tiere sehen möchte, die sich hinter all dem Grün verbergen. Er ruft in seiner Sprache in den Urwald hinein. Nun sehe ich immerhin Augenpaare zwischen den Blättern und fühle mich dadurch wohler. Ich werde sogar neugierig und wage zusammen mit dem Schimpansen weitere Schritte in den Urwald hinein.
Ich stehe in einer völlig anderen Welt, als ich sie bislang je kennengelernt habe. Alles wächst sehr üppig, ich sehe unbekannte Pflanzen mit fantastischen Blüten. Um mich herum nehme ich viele Tiere wahr und spüre, dass auch sie neugierig sind, wer ich bin. Ich frage sie, ob es ihnen recht ist, wenn ich weiter in den Urwald hinein gehe und bekomme ihre Zustimmung.
Mein Schimpanse fühlt sich unendlich wohl. Er freut sich wie ein kleines Kind, wieder in seinem ursprünglichen Lebensraum zu sein und schlägt einen Purzelbaum nach dem anderen. Ich hingegen spüre immer noch eine leise Angst, weil ich in dieser Pflanzenfülle nicht weit sehen und kaum einen Weg erkennen kann. Mein Begleiter fordert mich auf, das meinem Schimpansen mitzuteilen. Der versteht mich gar nicht. Das sei ja gerade das Tolle, meint er. Und überhaupt sei direkt vor meiner Nase doch genug geboten. Warum ich noch darüber hinaus sehen können möchte, fragt er mich. Und wenn man hier einen Schritt tue, tue man ihn viel bewusster als außerhalb des Dschungels, wo alles viel berechenbarer sei.
Ich suche mir einen großen Baum und lehne mich zu seinen Füßen sitzend an. Ich lasse alles auf mich wirken. Es ist immerhin sehr schön warm hier, wo ich doch sonst dauernd friere. Ausserdem gibt mir der Baum das Gefühl, dass wenigstens von hinten nichts Überraschendes passieren kann. Nach einer Weile bekomme ich Lust, den Baum hochzuklettern. Da oben fühle ich mich einerseits recht wackelig, aber andererseits ist es ein tolles Gefühl, weiter oben zu sein. Der Schimpanse freut sich sehr, dass ich zu ihm hochgekommen bin und hüpft begeistert von Ast zu Ast.
Er bringt mich zu einem großen Lianengeflecht, in dem ich wie in einer Hängematte liegen kann. Ich wiege so vor mich hin, er legt sich auf meinen Bauch. Es berührt mich sehr, in seine Augen zu sehen. Er hat so schöne Augen. Augen, die nicht werten, die offen sind und voll Vertrauen. Ich habe das Gefühl, er will nichts von mir, ist einfach da. Ein friedliches Gefühl breitet sich in mir aus. Ich habe völlig vergessen, was um uns herum ist und finde den Urwald auch gar nicht mehr laut. Ich sage ihm, dass ich ihn lieb habe. Er legt seine Arme um meinen Hals, ich halte ihn so. Ich möchte, dass es nie aufhört und weiß doch, dass unsere Reise bald zu Ende sein wird. Er sagt freundlich: „Quatsch, das ist doch nur eine Frage der Wahrnehmung. Dieses Gefühl kannst Du Dir auch dann noch zurückholen, wenn die Reise längst zu Ende ist.“
Ich frage den Schimpansen, wie er sich seine Zukunft bei mir vorstellt. Er meint, dass meine Solarplexushöhle durchaus ein geeigneter Ort für ihn wäre, wenn es dort nur ein wenig grüner wäre! Auf die Schutz- und Turn-Gitterstäbe könnte er inzwischen gut verzichten, aber er hätte es gerne ein wenig gemütlicher. Welche Pflanzen er gerne hätte? Am liebsten einen Urwald in Mini-Form, in dem alles wüst durcheinander wächst. Und darin hätte er sehr gerne große weiße Blüten: Zitronen- und Orangenblüten!
Ja, und ein bisschen Licht in dieser Höhle wäre auch nicht schlecht. Wir überlegen gemeinsam, was für ein Licht das sein könnte. Ein offenes Feuer? Das wäre vielleicht nicht so gut. Eine Glühbirne? Zu technisch. Dann haben wir eine Idee: Wir lassen uns von einem Stern Licht in die Solarplexushöhle bringen. Nun sieht es so gemütlich aus, dass ich am liebsten selbst einziehen möchte. Natürlich kann ich mich jederzeit klein machen und den Schimpansen dort besuchen. Er möchte die Höhle vor allem als Schlafplatz und zum Rückzug nutzen und ansonsten im großen Urwald herum turnen.
Mein Begleiter lässt mich den Schimpansen fragen, ob heute noch etwas zwischen uns geschehen soll. Als er verneint, bedanke ich mich bei ihm dafür, dass er mich mit in seinen Urwald genommen hat. Ich bedanke mich auch beim Urwald für die Erfahrung, die ich hier machen durfte.
Ergänzung:
Drei Jahre später ergab es sich in einer Reise, dass mich mein Schimpanse wieder mit in den Urwald nahm. Ich hatte überhaupt keine Angst und fühlte mich in der Unwägbarkeit des Dschungels unendlich geborgen. Dass das tatsächlich einmal anders war, stellte ich voller Erstaunen erst dann fest, als mir die Mitschrift dieser Reise hier in die Hände fiel.